Brigitte Klinkel - Zur Erinnerung

Im März 2022
(Elisabeth von Erdmann/Bamberg)

 

Den Märchenerzählerinnen des Unterfränkischen Erzählkreises ist es wehmütig ums Herz.

 

Zum diesjährigen Weltgeschichtentag erzählten wir über märchenhafte Helden zu Ehren unserer lieben Weggefährtin und Freundin Brigitte.

 

Vierzehn Jahre lang trafen wir uns jeden Monat im Haus von Brigitte in Handthal. Es war im Jahr 2007, dass Brigitte auf Anregung der Märchenstiftung Walter Kahn Erzählerinnen aus der Region angeschrieben hatte.

 

So kamen wir zusammen und fanden Gefallen aneinander und daran, Märchen zu teilen und weiterzugeben. Wir wollten uns von nun an jeden Monat treffen und verabredeten, dass die jüngeren Mitglieder zu unseren monatlichen Treffen fahren würden. Und Brigitte öffnete ihr Haus und wurde zur Gastgeberin für unsere Zusammenkünfte.

 

Das war ein Glück für uns. Wir kamen am helllichten Tag, in der Dämmerung oder in der Dunkelheit zu Brigittes Haus, wo die Blumen wachsen durften und die Kunst ihres Mannes Hubert im Garten steht. Das Licht im großen Raum im Erdgeschoss brannte dann schon oder die Abendsonne spiegelte sich noch in den Fenstern.

 

Es war wie im Märchen. Brigitte empfing uns an der Tür und bat uns herein. Dann setzen wir uns an den gedeckten Tisch und aßen und tranken. Brigitte hatte Ingwertee, Apfel-Crumble, Buchweizenbrei mit Mohn oder Linsensuppe oder gutes Brot mit Käse für uns vorbereitet.

 

Wir redeten und erzählten über uns und über Märchen. In den ersten Jahren ging es noch viel um Organisation und Grundsätzliches, doch sprachen wir immer öfter einfach nur über die Märchen und tauschten Gedanken, Interpretationen und Erfahrungen aus. Wir erzählten uns Märchen und probierten Erzählweisen aus, besonders auch in unseren jährlichen Fortbildungen, die von der Walter Kahn Stiftung gefördert wurden.

 

In diesem zauberhaften Haus in Handthal lernten wir einen ganz besonderen Menschen kennen, eine selbstlose und inspirierende Frau, die ihren Weg ging und einfach das annahm, was ihr auf diesem Weg als Herausforderung und Möglichkeit entgegenkam, ohne viel Aufhebens darum zu machen.

 

Mit den Jahren entwickelte sich eine starke Verbundenheit unter uns und unsere Zuneigung zu den Märchen vertiefte sich immer mehr.

 

Brigitte war eine Märchenerzählerin, deren Erzählen unmittelbar aus ihrem Leben erwachsen war. Sie wollte die Märchen der Brüder Grimm ihrem Sohn Nikolaus erzählen, um ihm Sprache und Bilder näherzubringen. Es fügte sich aber, dass immer mehr Menschen genau dieselben Märchen von ihr hören wollten. Diese Kommunikation mit den Menschen und ihrem eigenen Leben machte Brigittes Erzählen so authentisch.

 

Viele Jahre fuhr Brigitte durch die Region. Oft war es schon dunkel oder die Straßen vereisten, und der kleine Sohn reiste oft im Auto hinten mit. So erzählte sie Märchen an vielen Orten und vor vielen Menschen. Es waren häufig 100 Auftritte im Jahr, mit denen sie die Märchen der Brüder Grimm zu den Menschen brachte.

 

So war Brigitte bereits viele Jahre bevor sich das Märchenerzählen und die Märchenschulen wieder ausbreiteten, die Märchenerzählerin in der Region und wurde von mehr und mehr Menschen gebeten, Märchen zu erzählen.

 

Es war jedes Mal sehr anrührend, wenn sie sagte: „Ich bin die heimatlose Gauklerin“.

 

In den letzten Monaten ging Brigitte ihren Weg zu Ende, in Frieden und vollkommenem Einklang mit dem, was ist. Sie erlosch wie eine brennende Kerze und wurde begleitet von ihrem Mann Hubert. Bis zum Schluss blieb sie in ihrem Haus in Handthal.

 

Wir Märchenerzählerinnen des Unterfränkischen Erzählkreises treffen uns heute in anderen Wohnungen.

 

Doch wir denken oft an das zauberhafte Haus und an die weise Märchenfrau, die in ihm wohnte und uns willkommen hieß. Und dann sagen wir immer: „Wisst Ihr noch...?“

 

Besonders in der letzten Zeit ihres Lebens trat die Verbundenheit von Brigitte mit allem, was ist, immer stärker zu Tage. Oft sagte sie: „Ich weiß nichts. Ich bin nur ein Mitgeschöpf der Käfer, Gräser und Blumen“.

 

Wann immer wir uns heute der liebevollen Märchenerzählerin und Freundin Brigitte erinnern, denken wir auch an die Liebe von Franziskus von Assisi zu allem, was ist.

 


 

Herzlich willkommen beim Erzählkreis Unterfranken

»Es war einmal mitten im Winter, und die Schneeflocken fielen wie Federn vom Himmel herab...«

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Auswahl der Erzählerin über Landkarte
  • Wir sind sieben Märchenerzählerinnen und haben uns 2007 im Unterfränkischen Erzählkreis zusammengefunden, um uns gemeinsam den Märchen zu widmen und sie an andere weiterzugeben.

  • Wir stehen in engem Kontakt mit der Märchenstiftung Walter Kahn, der Europäischen Märchengesellschaft und der Deutschen Akademie für Kinder und Jugendliteratur.

  • Wir treffen uns regelmäßig (monatlich) zu Austausch, Märchenerzählen in unserem Kreis, Weiterbildung und Supervision, und nehmen an Fortbildungen teil.

  • Wir gestalten öffentliche Märchenabende, Workshops, Fortbildungen von Erzieherinnen, Seminare an Fachakademien und kirchlichen Ausbildungsstätten, Erwachsenenbildung, Arbeit an Schulen.

  • Wir widmen uns der Vernetzung und Weitervermittlung von Anfragen.

  • Märchen sind unsere Leidenschaft. Wir erzählen sie, arbeiten pädagogisch mit ihnen und ergründen ihre Bedeutung.

  • In der mündlichen Weitergabe wertvoller Texte und Weisheiten bilden sich Erzählgemeinschaften, in denen die Seelen- und Erfahrungsbilder einer langen Erzähltradition erlebbar werden.

  • Wir verstehen uns als eine solche Gemeinschaft und wollen mit Geschichten und Märchen den Menschen, die uns zuhören, Freude bringen.

  • Wir laden Sie herzlich ein, Kontakt mit uns aufzunehmen.

 

»In den alten Zeiten,
wo das Wünschen noch geholfen hat...«